Barbara-Maria Vahl
"Homeless in New York"
Barbara-Maria Vahl studierte Germanistik, Philosophie und Geografie sowie Gesang in Hamburg und Hannover. Nach Diplomstudiengang „Journalistik und Kommunikationswissenschaften“ in Hannover 15 Jahre tätig als freie Journalistin, vor allem für ARD-Hörfunk, große Tageszeitungen und Magazine. Themenfelder: Politik und Soziales, Kirche und Gesellschaft. Berichtete zwei Jahre aus Bosnien, später als UN-Korrespondentin aus New York (2000-2003). Seit März 2005 Pressesprecherin Diakonisches Werk der EKD in Berlin. Seit dem Erwerb einer Kamera vom ersten selbst verdienten Geld im Alter von 13 Jahren ist das Fotografieren – neben Musikmachen und Literatur – eine große Leidenschaft geblieben. Die Bilder sind entstanden in New York in den Jahren 2000-2003. „In New York bin ich selten ohne Kamera auf die Straße gegangen. Nie habe ich in einer solchen Verdichtung vollkommen absurde, skurrile, groteske oder auch erschütternde Szenen inmitten des ,ganz normalen’ Alltags beobachtet wie hier. Menschen können hier öffentlich verhungern, verwahrlosen, die verrücktesten Dinge tun, ohne dass das Leben um sie herum auch nur eine Sekunde ins Stocken gerät. Am meisten haben mich die Aura von Verletzlichkeit und Einsamkeit angerührt, die die ganz armen Menschen umgibt. Es kam mir oftmals vor, als bewegten sie sich in einer Art unsichtbarer Hülle, die sie von allen anderen trennte, auch wenn diese direkt neben ihnen standen. Die Menschen sind mitten unter uns, berühren unter Umständen unseren Ärmel und leben zugleich auf einem anderen Kontinent. In den Gesprächen, die ich führte, wurde immer wieder deutlich, dass es meist nur ein kleiner Schritt war, der auf diesen anderen Kontinent geführt hatte: Scheidung, eigene Krankheit oder Tod eines Partners, Verlust des Arbeitsplatzes, insbesondere nach dem 11. September, also ganz normale Dinge, die jeden treffen können. Bei allen Menschen, die ich sprach, hat mich das Bemühen um das Aufrechterhalten der eigenen Würde tief angerührt: der in manchmal desolatester Lage verzweifelte Versuch, sich nicht gehenzulassen. Obdachlose Frauen, die sich schminken, Männer in Suppenküchen, die um Messer und Gabel als letzte Bastion gegen vermeintliches Abrutschen bitten.”
Barbara-Maria Vahl