Winfried Baumann
Winfried Baumann, geb. 1956, gelernter Steinmetz und Holzbildhauer, studierte Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg (Meisterschüler Prof. Scharl; 1993/94). Seit 1984 Lehrauftrag an der Gesamthochschule Kassel. Instant Housing sind Wohnsysteme für Obdachlose und andere urbane Nomaden. Sie sind platzsparend, mobil und von einer Person handhabbar. Instant Housing soll immer nur Notquartier und Übergangsadresse für Ausgestoßene und Vernachlässigte sein. Die Wohngeräte sollen auf keinen Fall eine Dauerlösung der Wohnprobleme der Obdachlosen sein. Instant Housing ist lediglich eine temporäre Lösung. Witterung und Jahreszeiten bestimmen die Route bzw. den Stand- und Wohnort der Obdachlosen. So werden für unterschiedliche Standorte und Jahreszeiten auch unterschiedliche Ausführungen der Instant Housings angeboten. Die Instant Housings haben neben ihrer funktionalen Eigenschaft, nämlich dass sie alltagstauglich für das Leben auf der Straße sind, immer einen skulpturalen und modellhaften Charakter. Mit den Instant Housings wird Raum zur Verfügung gestellt, der in erster Linie als Schlafplatz dient, der aber auch immer Kunstraum ist. Die Wohneinheiten als Ganzes bewegen sich immer zwischen materieller Zweckhaftigkeit und künstlerischem Konzept. Das Projekt lebt von der Spannung zwischen realem menschlichem Elend und einem neuen Typus von Status symbol. Ziel ist es, dass die Obdachlosen nicht als Objekte ohne humanen Status angesehen werden, sondern als Bewohner und Benutzer eines Equipments, dessen Form zugleich ihre Lebenswirklichkeit spiegelt. Durch die Einführung von Instant Housing kommen die Benutzer in den Besitz eines neuen Statussymbols. Paradoxerweise werden damit auch die Obdachlosen zur Zielgruppe für ein neues Produkt. Instant Housing kann auch ein zukunftsweisendes Modell für moderne Nomaden in unseren Großstädten sein. In einer Zeit, in der bestehende Lebensformen und Lebensräume ständig infrage gestellt werden, in der Mobilität und Veränderung zur Lebensmaxime geworden sind, regen die Instant Housings an, über die eigenen und über die Lebensformen anderer nachzudenken.
Andreas Pitz