Harald Birck
Harald Birck, geboren 1960 in Heidenheim, studierte in Karlsruhe an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste und war Meisterschüler bei Professor Klaus Arnold. Seit 1991 lebt er in Berlin und Marval, Frankreich. Harald Birck ist bereits in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland, Frankreich, Norwegen und im Jemen vertreten gewesen. So wie ihm die künstlerische Baubegleitung des Martin-Gropius-Baus der ehemaligen Landesklinik Eberswalde oblag, hielt er als Maler und Bildhauer auch andernorts Zwischenstationen fest. Renovierte Bauten sind für ihn wie geschönte Gesichter nicht interessant. Beide Motive verbanden sich zu der Idee, Gäste der City-Station, einer Speisegaststätte für wohnungslose Menschen, nicht im Atelier, sondern vor Ort zu porträtieren. Auf einen vorgeformten Papierkopf kommt der Ton und dann läuft die Uhr. Etwa vier Stunden hat Harald Birck Zeit, den Kopf zu formen. Zeit, im Gespräch und durch Betrachten mehr als einen oberflächlichen Eindruck zu gewinnen. Keine glatten Flachen, keine ästhetisierten Mienen, die für die Ewigkeit in einen Ausdruck gegossen werden. Die Oberfläche ist rau, die Epidermis aufgerissen, einzelne Partien ragen hervor, andere treten zurück. Je nach Perspektive erscheint die Skulptur immer wieder anders. So stehen die Büsten auch in der Ausstellung Auf Augenhöhe frei, um sie von allen Seiten betrachten zu können. Auf die einjährige Schaffensphase folgt die Rezeption an verschiedenen Orten im öffentlichen Raum. Mittlerweile sind über 40 Werke entstanden. Der Betrachter sieht die Büste eines Menschen und kann die soziale Rolle des Modells frei assoziieren. Erstaunen entsteht, weil die Plastik, die zu einem Millionär wie zu einem Musiker, zu einer geschichtlichen wie zu einer heutigen berühmten Person gehören könnte, einen obdachlosen Menschen darstellt. Ohne die Spuren der Straße zu verdecken, wird nämlich nicht die Bedürftigkeit, sondern die Menschlichkeit in den Vordergrund gestellt. Manch einer hat es erstmals wieder gespürt, was einer ausdrückte: „Wir sehen aus wie Könige.“ Wie jeder Künstler will Harald Birck mit seinen Werken Aufmerksamkeit erzeugen. Er bewirkt, dass die Betrachter ihr Fremdeln gegenüber obdachlosen Menschen vor der Skulptur leichter ablegen als bei der realen Person. Und deckt damit einen Skandal auf: Warum muss dieser beeindruckende Kopf obdachlos sein? Das Motto der Berliner Stadtmission "Suchet der Stadt Bestes" ist darin abgebildet. Das Möglichste zu tun, damit Menschen so erhoben werden, dass sie die Beachtung erfahren, die ihrer Würde als Menschen entspricht.
Pfarrer Ralf Döbbeling