Joseph Beuys
The Orwell Leg - Trousers for the 21st Century von Joseph Beuys

Multiple: Serie von 35 Unikaten, Schellmann Verzeichnis Nr.: 485
Dieses Werk ist im Rahmen und nach der Performance “Joseph Beuys shaves Waldo Bien for Good morning Mr. Orwell. A global television satelite show by Nam June Paik” (live übertragen aus dem Centre Pompidous Paris in der Nacht vom 31.12.1983 auf den 1.1.1984, dem „Orwell Jahr– nach dem gleichnamigen Roman Titel“ entstanden.
Die Hosen (unter anderem von ihm und seiner Tochter Jessica getragen) wurden von Beuys mit zwei kreisrunden Löchern versehen als Zeichen des Kampfes gegen den Materialismus und Unterdrückung. Hintergrund ist eine Philosophie von Rudolf Steiner, dass man mit den Knien in die Zukunft sehen kann.
Beuys sagte dazu: "this is the Orwell leg, trousers of the 21. century. Everybody in the world should make this trousers to themselves, to struggle against world-wide materialism and repression especially on the young … look! how beautiful it looks on a girl! how beautiful it is on a girl!”
Der Editeur des Multiples sagte dazu: „He was certainly referring to George Orwell's bleak vision of the future in his novel 1984, but the jeans may also allude to anthroposophist Rudolf Steiner's (1861-1925) designation of the knees as the area of the skeleton associated with the ability to see into the future. In this multiple, Beuys liberates our "eyes" by showing where to cut the holes in your pants.“
Sicherlich besteht eine große Nähe zum bekannten Multiple Filzanzug, der als verlassene Schutzhülle noch bleibt, wenn der Träger nicht mehr da ist.
Mit der Jeans und Ihrem Bezug zur Computertechnologie von Georg Orwells „Big Brother“ und dem Kampf gegen den Materialismus hat Beuys sicher auch ein wenig in die Zukunft geschaut und die Finanzkrise – wie in einigen seiner Werke – vorhergesehen.
Sieht man das Objekt mit einem Augenzwinkern, so kann man auch sagen, dass Beuys der heutigen Mode (zerrissene Hosenbeine) vorgegriffen hat.
„Kunst = KAPITAL“

„Kunst = KAPITAL“ betitelt Beuys viele Werke, dies wird gerne falsch ausgelegt. Hier geht es nicht um den Kunstmarkt und seine Elite, gegen die er sich mit seiner multiplizierten Kunst wendete. Hier wird die schöpferische Fähigkeit jedes Einzelnen angesprochen. Jeder kann schöpferisch tätig sein in seinem Rahmen, innerhalb seiner Möglichkeiten. Dies impliziert auch Eigenverantwortung und Anspruch an sich selbst. Die These von Beuys „Jeder Mensch ist ein Künstler“, ist ein zentraler Bestandteil seines „erweiterten Kunstbegriffes“.
Andreas Junge, Düsseldorf